Die Lehre

Aikido - Kampfkunst zwischen Tradition & Moderne


Was unterscheidet eine Kampfkunst vom Kampfsport?

Sie verfolgen unterschiedliche Ziele...


Was bedeutet in diesem Zusammenhang Tradition?

Die Überlieferung der Lehre im Aikido erfolgt traditionellerweise praktisch/mündlich in einem Dojo. Steht kein eigens dafür gebautes Dojo zur Verfügung, tut es in aller Regel auch eine Sporthalle. Die Geisteshaltung aller Anwesenden in einer Aikidoübungsgruppe ist ohnehin wesentlich wichtiger als die Art und Ausstattung des Bauwerks oder Übungsraumes. Wichtig ist eine ruhige und konzentrierte Atmosphäre, ständig anwesende Zuschauer, das immerwährende Klingeln von Handys & störende Geräuschkulissen sind zu vermeiden...


Tradition (von lateinisch tradere „hinüber-geben“ oder traditio „Übergabe, Auslieferung, Überlieferung“) bezeichnet die Weitergabe (das Tradere) von Handlungsmustern, Überzeugungen und Glaubensvorstellungen u. a. oder das Weitergegebene selbst (das Traditum, beispielsweise Gepflogenheiten, Konventionen, Bräuche oder Sitten). Tradition geschieht innerhalb einer Gruppe oder zwischen Generationen und kann mündlich oder schriftlich über Erziehung, Vorbild oder spielerisches Nachahmen erfolgen. Die soziale Gruppe wird dadurch zur Kultur. (wikipedia)


Traditionell im Aikido ist auch die Art zu unterrichten.

Der Lehrer/die Lehrerin führt mit einem Schüler die Techniken vor, die Übenden sitzen aufmerksam und meist in einer Reihe im Seiza.

Danach wird trainiert, trainiert, trainiert... Raum für Diskussionen gibt es dabei eher nicht, mehr dazu im Kapitel "Technik" (folgt...)

Traditionell ist auch die Kleidung: ein schlichter, weisser Keikogi und für etwas fortgeschrittenere Schüler (in unserem Verband ab dem 2. Kyu) zusätzlich ein Hakama.

Und nicht zuletzt kommen im Aikido 3 traditionelle, japanische Holzwaffen zum Einsatz:

der Stock ("Jo"), das Schwert ("bokken / bokuto") und der Dolch ("tanto").



Aikido und die Moderne...


Der Aikido- und Iaidolehrer Malcolm Tiki Shewan bezeichnete Aikido als moderne Kampfkunst, wobei der Ausdruck "modern" einmal genauer beleuchtet werden soll, und sei es, um Missverständnisse zu vermeiden.


Der Begriff Moderne bezeichnet historisch einen Umbruch in zahlreichen Lebensbereichen gegenüber der Tradition... (wikipedia)


Im Hinblick auf die japanischen Budo-Künste kam es bei der Entwicklung des Aikido (in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen) erstmals in der mehr als 1000-jährigen Geschichte der systematischen Kampf- und Kriegskünste dazu, dass die Bewegungsprinzipien und Methoden des Schwertkampfes ("Kenjutsu"), also einer bewaffneten Kunst auf eine unbewaffnete Kampfkunst übertragen/angewendet wurden. Modern, wenn nicht sogar revolutionär...!


Der Begründer des Aikido, Morihei Ueshiba (1883-1969), lernte unter Anderem das weit in die Geschichte zurückreichende System des Daito-ryu Aiki-jujutsu von Sokaku Takeda.


Zusätzlich praktizierte Ueshiba Sensei diverse Schwertkampfschulen (Ryu) und auch Techniken mit der japanischen Lanze ("yari").


Zurück zum Begriff des Modernen: Im Aikido könnte man die Zeit nach dem 2. Weltkrieg (und natürlich nach der Aufhebung des Ausübungsverbots sämtlicher Kampfkünste durch das amerikanische Militär) als Beginn des "modernen" Aikido bezeichnen. War das Aikido (bzw. zu der Zeit noch "Aiki-Budo" genannt) vor dem Krieg noch eine raffinierte, jedoch auch sehr martialische Kampfkunst, so traten nach dem Krieg zusätzlich zum immer noch sehr rigiden Training andere Aspekte in den Vordergrund. Zu den Schülern Ueshibas aus der Zeit vor dem Krieg zählt zum Beispiel Gozo Shioda.

Sehr zu empfehlen ist dessen Buch "Aikido Shugyo"

(ISBN-10: 3981258924)


Zu den herausragendsten Aikidomeistern aus der Zeit nach 1945 zählte Nobuyoshi Tamura, welcher ab 1952 Schüler von Morihei Ueshiba war und als einer der prägendsten Lehrer ganze Generationen von Aikidoka inspirierte, hauptsächlich in Frankreich und ganz Europa, aber auch weltweit...

Auch hier eine Buchempfehlung: Aikido - Etikette & Weitergabe.


Zusammenfassend könnte man sagen, dass Aikido in der Tat eine Kampfkunst zwischen Tradition & Moderne darstellt. Wobei der Begriff der Moderne doch als relativ zu bezeichnen ist, bedenkt man die zeitliche Einordnung...


Um die Vielzahl unangenehmer Begleiterscheinungen einer

"scheinbaren Weiterentwicklung / Modernisierung", inklusive der heute oft anzutreffenden Weigerung, mit Waffen zu trainieren, soll es an dieser Stelle vorerst nicht gehen. Nur: wie will man ein System begreifen, welches auf Waffentechniken basiert, ohne eben diese zu trainieren?